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[Vortrag] Jonas Hermann (Harvard): „Wäre es doch bloß auf Latein!“ Rezeption und Einordnung des ‚Buchs von geistlicher Armut‘ in der Erfurter Kartause

16. Januar 2020, 16:00 - 18:00

Obgleich das ‚Buch von geistlicher Armut‘ bisher wenig Aufmerksamkeit vonseiten der Forschung erhalten hat, war es ein bedeutender und wirkmächtiger Text der deutschsprachigen Mystik des Spätmittelalters. Besonderer Beliebtheit erfreute sich das Buch in der Erfurter Kartause, in deren Bibliothekskatalog es unter der Signatur D (mystische Theologie) gelistet und in höchsten Tönen gepriesen wird. Es mache, so heißt es, die andächtige Seele betrunken. Lediglich die Abfassung des Texts in der Volkssprache wird ausdrücklich bedauert.

Glücklicherweise ist neben dem Eintrag im Bibliothekskatalog auch jener Textzeuge erhalten, auf den er sich bezieht. Tatsächlich entpuppt sich die Handschrift der Erfurter Kartause (heute Berlin, Staatsbibliothek, mgq 1552) als heiß geliebtes und daher reich mit lateinischen Randglossen und erklärenden Schaltzetteln versehenes Exemplar. Mittels einer Gegenüberstellung von Katalog und Handschrift wird die spezifische Rezeption des ‚Buchs von geistlicher Armut‘ in Erfurt herausgearbeitet. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf dem Zusammenspiel von volkssprachigem Text und lateinischem Kommentar.

Zuletzt gilt es, der Einordnung des Texts innerhalb der Erfurter Kartäuserbibliothek Rechnung zu tragen. Gemäß dem Katalog entspricht die Wissensordnung der Bibliothek dem Bild eines geistlichen Hauses, dessen Dachspitze und somit höchster Punkt von eben jener Signatur D gebildet wird. Diese Spitze wird unter anderem mit der synderesis – nach mittelalterlichem Verständnis die höchste Seelenkraft – gleichgesetzt, die auch im ‚Buch von geistlicher Armut‘ eine Rolle spielt und somit als Anhaltspunkt für die Einordnung des Texts gelten darf.

MM-Making-Mysticism_Kolloquium_WS-2019-5

Details

Datum:
16. Januar 2020
Zeit:
16:00 - 18:00

Veranstaltungsort

Hörsaal, FRIAS
Albertstraße 19
79104
Freiburg
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