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Über dieses Projekt

Zentraler Forschungsgegenstand des in Zusammenarbeit mit der Abteilung E-Science der Universitätsbibliothek Freiburg in Angriff genommenen Projektes (2018-2021) war der spätmittelalterliche Bibliothekskatalog der Erfurter Kartause. Dieser bietet die einmalige Gelegenheit, anhand historisch bezeugter Buchbestände der Frage nachzugehen, wie sich ‚Mystik‘ als Ordnungsprinzip einer Bibliothek entwickelt hat und wie die Anfänge der (literatur)historiographischen Kategorienbildung ‚mystisch‘ aussehen. Die Frage nach der Historisierung des Mystik-Begriffes stellt sich angesichts der Tatsache, dass es distinkte Signaturengruppen gibt, die den lateinischen, aber auch deutschsprachigen Werken der mystischen Theologie bzw. der Offenbarungs- und Exempelliteratur reserviert sind: D (theologia mystica) und I (revelationes et exempla). Die deutschen und lateinischen Vertreter der Mystischen Theologie werden ihrerseits in eine Gruppe von Signaturen eingereiht, die für den anagogischen Weg stehen,  wobei die Signaturengruppe D nicht nur als prima via anagogica, sondern genauer als via mystica bezeichnet wird.

Um die Bedeutung des Erfurter Bibliothekskatalogs für die Mystikforschung zu verdeutlichen, wurden die einschlägigen Signaturengruppen D, DF, E, F und I digital neu ediert. Die editorischen Bemühungen galten indes nicht nur den Werkbeschreibungen, den in D, DF, E, F und I verzeichneten Büchern, sondern auch den Einleitungen programmatischen Charakters, die den einzelnen Signaturengruppen vorangestellt sind und hier zum ersten Mal überhaupt in einer Edition zugänglich gemacht werden. Die Edition bietet Aufschluss über die Genese der projektrelevanten Signaturengruppen, indem sie die daran beteiligten Hände separiert und diese nach Möglichkeit identifiziert; sie informiert über die in den Signaturengruppen D und I verzeichneten Autoren und Werke; sie benennt jene Quellentexte, die den Einleitungen zugrunde liegen und das theologische Programm des Katalogs verdeutlichen. Dieses Programm zielt auf die Vermittlung eines Lebensideals ab, das über die Wege einer lektüregesteuerten geistlichen Vervollkommnung zur unio mystica und damit zu den Geheimnissen der theologia mystica führt. Dies macht den Katalog im deutschen Sprachraum zum Unikat und zum idealen Fallbeispiel, um den spätmittelalterlichen Wurzeln des modernen Konzeptes ‚Mystik‘ nachzuspüren.

Das vorliegende Projektportal ermöglicht über den Reiter „Digitale genetische Edition“ Zugang nicht nur zur Neuedition der projektrelevanten Signaturengruppen, sondern auch zum Digitalisat der ihr zugrundeliegenden Handschrift, zur Erstedition von Paul Lehmann aus dem Jahr 1928 und zu einer Arbeitsübersetzung der hier zum ersten Mal edierten Einleitungen.

Unter dem Reiter „Materialien“ findet sich eine laufend aktualisierte Liste mit Forschungsliteratur zur Erfurter Kartause, eine ebenfalls laufend aktualisierte Übersicht (Arbeitspapier) über den überlieferten Buchbestand der Erfurter Kartause und eine Liste mit Links zu den aktuell verfügbaren Digitalisaten jener Handschriften, die aus den Signaturgruppen D und I erhalten sind. Außerdem lassen sich unter „Materialien“ drei Unterordner ansteuern: Zwei davon dienen als Plattform, um Forschungsdaten zu den ‚Text-Werkstätten‘ des Bibliothekars Jakob Volradi und seinem als Bruder N. (frater N.) bekannten Mitarbeiter zugänglich zu machen. Der dritte Unterordner enthält sonstige Materialien, wie z.B. eine kommentierte Sammlung von Links zu den Digitalisaten von prosopographisch wichtigen historischen Quellen wie das „Obituarium“, der „Liber benefactorum“ oder eine bislang unbekannte Chronik der Kartause. Zudem findet sich hier ein Arbeitspapier, das die Rezeption des Erfurter Standortkatalogs in der von Josias Simmler herausgegebenen „Bibliotheca universalis“ (Zürich 1574) belegt, einer Enzyklopädie, der der von Matthäus Dresser († 1607) erstellte, heute jedoch verschollene Katalog der öffentlichen Bibliotheken von Meißen und Thüringen als Quelle diente.

Unter dem Reiter „Mitteilungen“ werden nicht nur jene Publikationen verzeichnet, die aus dem Projekt hervorgegangen sind, sondern auch dessen Aktivitäten dokumentiert.