Berlin, Staatsbibliothek zu Berlin –Preußischer Kulturbesitz, Ms. theol. lat. oct. 89
Dokumentation erstellt von Dr. Beate Braun-Niehr/Berlin
Im Rahmen der von der DFG geförderten Katalogisierung der Signaturengruppe der „Manuscripta theologica latina in octavo“ der Staatsbibliothek zu Berlin galt es in den späten 1990er Jahren, die bis dahin der Forschung unbekannte Sammelhandschrift aus der Erfurter Kartause, Ms. theol. lat. oct. 89, wissenschaftlich zu erschließen, vgl. Beate Braun-Niehr, Die theologischen lateinischen Handschriften in Octavo der Staatsbibliothek zu Berlin Preußischer Kulturbesitz. Teil 1: Ms. theol. lat. oct. 66–125 (SBB-PK, Kataloge der Handschriftenabteilung, 1. Reihe: Handschriften 3/1), Wiesbaden 2007, S. 138–157 (Link zu ManuMed, Link zu HSP).
Um die komplexen Sachverhalte bei der Zusammensetzung der Lagen nachvollziehen zu können, hatte ich detaillierte Analyseblätter angelegt. Für die Präsentation dieser Materialien über FreiDok plus habe ich die Angaben durchgesehen, kleinere Versehen korrigiert und gelegentlich ergänzende Informationen aufgenommen. Damit verbindet sich die Absicht, zahlreiche Aspekte nachvollziehbar zu machen, die bei der Beschreibung des Äußeren der Handschrift im Katalogisat gemäß den DFG-Richtlinien meist knapp, manchmal auch vereinfacht dargestellt werden mussten.
Hervorgegangen aus der sukzessiven Erschließung der Handschrift, wurden auf den Analyseblättern ergänzend zur modernen Blattzählung folgende Sachverhalte erfasst:
– fallweise Angaben zum Material: Pergament („Perg.“) bzw. Papier („Pap.“), ggf. auch für Falze
– alte Lagenzählung
– alte Foliierung von der anlegenden Hand, die – oft nur sporadisch – jeweils auf dem Verso eingetragen wurde (in der 4., 23. und 24. Lage mit Korrekturen von derselben Hand). Im Normalfall wird die alte Foliierung in den Lagenskizzen eingeklammert, um alte und moderne Blattzählung zu unterscheiden. Bei der Rekonstruktion gestörter Lagenverhältnisse werden wirklich vorhandene alte Blattzahlen ohne Klammern, dagegen die Zählung verlorener Blätter mit Klammern geschrieben.
– fallweise Gegenüberstellungen von alter und neuer Foliierung, um Blattverluste abzuschätzen
– Angaben zu Doppelblättern, Einzelblättern („E“) und hinzugefügten, häufig an Falze angeklebten Zetteln; dabei wurde in den Lagenskizzen grüne Farbe für Doppelblätter, rote Farbe für Einzelblätter verwendet; die Lagenmitte wird durch einen Schrägstrich angezeigt
– Hinweise auf von anderer Hand beschriebene Blätter, die aus fremden Zusammenhängen übernommen wurden
– Lagenformel nach DFG-Richtlinien. Zu beachten ist, dass bei der modernen Foliierung von Bibliothekarshand die kleineren Blätter und Zettel mitgezählt wurden. Drei Schaltzettel, die dabei vergessen wurden, erhielten eine nachträglich Zählung: 172a, 177a, 178a.
Bekanntlich informiert die DFG-konforme Lagenformel über die Anzahl der Doppel- und Einzelblätter sowie ggf. über fehlende Blätter innerhalb einer Lage. Deren genaue Zusammensetzung und die Stellen, an denen Blätter hinzugefügt oder entfernt wurden, sind erst mittels graphischer Skizzen anschaulich zu erfassen. Als Beispiel sei die heutige erste Lage analysiert. Die Lagenformel lautet: (VI + 2I + 10)26.
Sie informiert darüber, dass die Lage aus einem Sexternio, zwei zusätzlichen Doppelblättern und 10 Einzelblättern zusammengesetzt ist. Der Blick auf die Analyseblätter bietet genauere Informationen:
Der Sexternio besteht aus den Doppelblättern: Bll. 1/23, 4/21, 5/19, 7/17, 8/15 und 10/12. Die beiden zusätzlichen Doppelblätter – Bll. 2/3 und 25/26 – sind an Falze geklebt und damit in die Lage eingehängt bzw. an deren Ende angefügt. In unregelmäßigen Abständen wurden außerdem 10 einzelne Blätter unterschiedlicher Größe in die Lage integriert.
Von großer Wichtigkeit erwies sich zudem die von der anlegenden Hand eingetragene Foliierung. Da sie Rückschlüsse auf nachträglich eingetretene Blattverluste sowie auf teils geplante, teils vollzogene Umstellungen zulässt, wurde auf ihre Dokumentation besonderer Wert gelegt. Die Analyseblätter sollen den Umgang des Schreibers und Kompilators mit dem Codex vor Augen führen und damit der inhaltlichen Analyse der Texte ein Fundament geben, das sich auf die sorgfältige Auswertung der vielfältigen kodikologischen Merkmale stützt.
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